Mittwoch (5.6.) [1:29:30 h, 20,79 km]
Bei der Eröffnung des neugestalten RoXx knicke ich ungeschickt um und bin von Samstag bis Mittwoch damit beschäftigt, das Sprungelenk zu kühlen. Heute dann die ersten Laufversuche, es ist alles bestens und die Herberhausenrunde von letzter Woche vergeht wie im Flug.
Donnerstag (6.6) [1:30:16 h, 16,5 km]
Mit Lars und Rado treffe ich mich auf der Bahn und wir laufen eine kleine Pyramide. Also 200m, 400m, 600m, 800m, 1000m und wieder zurück. Habe irgendwie schwere Beine und lasse die 1000 aus. Besonders hart sind die 400 und 200 Meter am Ende, bei denen ich auf den letzten Metern nicht mehr zu legen kann.
Freitag (7.6.) [3:39:35 h, 35,37 km, 1.200 hm]
Eckertalsperre vom Bismarckfelsen |
Getreu dem Motto "Geile Strecken als Trainingsläufe" mache ich mich mit Frank und Lars auf, von Torfhaus, über den Eckersprung, die Eckertalsperre, den Brocken und Wurmberg zurück nach Torfhaus zu laufen. Lars und ich sind vom Hexenstieg und dem Eulenburgtrail angefixt, Frank will Höhenmeter für den ZUT sammeln und gemeinsam geht's in der Abendsonne über den Goetheweg in Richtung Brocken. Fast in Wurfdistanz zum Gipfel biegen wir vom breiten Forstweg auf einen schmalen Trail ab, der entlang der noch jungen Ecker bergab zum Stausee führt. Anfangs vor allem von Bäumen verstellt, wird der Weg nun zunehmend morastiger bis wir über große Steine die Ecker queren und nun links des Fluss' teilweise auf Holzstegen laufen. An der Talsperre bietet sich nun der erste majestätische Anblick an diesem Abend: die tiefstehende, rote Sonne ist durch die Bäumen zu erkennen, seelenruhig liegt rechterhand der Stausee, umgeben von dichtem Tannenwald. Lars macht einige Fotos, die diesen Moment sehr gut einfangen.
Auf der Staumauer an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenzen machen wir ein Gruppenbild, verweilen aber nur kurz, um möglichst noch vor dem Sonnenuntergang auf dem Brocken zu sein. Bis zu diesem Zeitpunkt haben wir nur wenige positive Höhenmeter zurückgelegt, nach Torfhaus ging es etwas bergauf, die meiste Zeit jedoch bergab, sodass ab jetzt die flachen Meter an einer Hand abzuzählen sind. Circa 1,5 km hinter der Eckertalsperre verlassen wir den letzten Trail und befinden uns auf einem Forstweg, der uns, mäßig ansteigend, zur steilen Brockennordrampe führt. Die ehemalige Panzerstraße hat auf den nächsten vier Kilometern eine durchschnittliche Steigung von 13 % und weist an den steilsten Stellen eine Steigung von mehr als 20 % auf. Ich halte mich, noch laufend, etwas hinter Lars und Frank, und muss, später als erwartet, nach 700 m das erste Mal gehen. Lars und Frank machen am Bismarckfelsen, knapp 2 km unterhalb des Gipfels eine kurze Pause und wir haben, nach Besteigung, eine grandiose Aussicht auf die Eckertalsperre und den Westharz. Zwischen langsam laufen und schnell gehen wechselnd, bin ich kurz nach Lars und Frank auf dem Brocken und wir machen die obligatorischen Fotos vor und auf dem Brockenstein (und noch Fotos, die aber wohl nie den Weg in die unendlichen Weiten des Internets finden werden). Unzählige Male bin ich schon auf diesem Berg gewesen, doch so wie heute habe ich ihn nicht erlebt. Wir sind allein auf dem Brockenplateau, einige Übernachtungsgäste des Brockenwirts sind an ihren Hotelfenstern zu sehen, hier draußen ist außer uns niemand. Die Stimmung lässt sich wahrlich schwer beschreiben und entschädigt für den harten Aufstieg. Die untergehende Sonne lässt den Horizont tief rot erstrahlen, ein immenses Farbspektrum über orange bis blau eröffnet sich vor und über uns. Vor uns liegt das flache Harzvorland und wir stehen knapp 900m darüber und können einen atemberaubenden Blick genießen. Es sind diese Momente, fernab von Wettkämpfen, Rivalität, Kampf um Sekunden und Plätze, weshalb ich diesen Sport ausübe, weshalb ich ein anderes Verständnis für Natur und Umwelt habe, weshalb ich manchmal zur läuferischen Frühschicht aufstehe und weshalb ich um 22h auf dem Brocken stehe, 1141m über dem Meer und frei, wie mitten auf dem Atlantik.
Mir ist etwas kalt und ich streife die Ärmlinge über, fühle mich ansonsten aber gut und freue mich auf den schweren Abstieg über den Eckerlochstieg, auch Knochenbrecherweg genannt, der das Laufen, gerade in der aufziehenden Dunkelheit, sehr schwer werden lässt. Bergauf war schon nicht einfach, bergab ist jetzt Konzentration und eine helle Stirnlampe gefragt. Von Stein zu Stein, Fels zu Fels springend kommen wir mühselig voran. Schon kurz oberhalb Schierke wird der Weg besser und von der Brockenstraße abbiegend laufen wir in Richtung Wurmberg, wo uns weitere 300hm am Stück erwarten. Meine Beine sind jetzt wirklich platt und bergauf gehe ich zu 75 %. Während Lars einen schmalen Trail hinauf läuft, gehen Frank und ich die steile Treppe entlang des Auslaufs der Sprungschanze, die sich schier endlos in die Höhe schraubt und durch ihre großen Abstände zwischen den Stufen Gift für die Oberschenkel ist. Für einen kurzen Augenblick haben wir Hoffnung auf eine Cola in der erleuchteten Gaststätte, doch mangels Kleingeld und Feierabend begnügen wir uns mit Wasser und machen uns auf die letzten Kilometer Richtung Torfhaus. Lars verkündet, wir hätten nun nun alle positiven Höhenmeter hinter uns, was sich zwei Kilometer später als Fehlinformation entpuppt und in mir kurzzeitig den Wunsch nach einem fahrbaren Untersatz hervorruft. Hinauf zum Dreieckigen Pfahl muss ich immer wieder abreißen lassen, um dann wieder Anschluss zu finden und schließlich gemeinsam mit den beiden Raketen am Auto mit gekühltem Weißbier anzukommen. Traumhafter Abschluss dieses gigantischen Laufs ist dann die Donath'sche und Matzke'sche Interpretation von "The Look", die nicht nur Frank wach, sondern auch Rehe von der Straße hält.
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